Julian Assange und WikiLeaks: Ein Blick auf das Schauspiel der Gerechtigkeit
In einem Zeitalter, in dem Wahrheiten so flüchtig sind wie ein Snapchat-Filter, gibt es einen Namen, der für ein unerschütterliches Engagement für Transparenz steht: Julian Assange. Der Gründer von WikiLeaks, eine Plattform, die mehr Staatsgeheimnisse gelüftet hat als alle Teenager dieser Welt ihre Zimmer oder die Weltpresse seit ihrer Existenz. Ein Jahrzehnt, zehn Millionen Dokumente und unzählige rote Gesichter in den Amtsstuben – das ist die Bilanz von WikiLeaks. Doch jedes Märchen braucht einen Bösewicht, und in diesem Fall trägt der schwarze Hut die Inschrift "Justiz".
Assange, der Robin Hood der Informationsgesellschaft, sitzt seit 2019 im britischen Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, das den Charme eines mittelalterlichen Folterkellers versprüht. Während wir die Absurdität der Lage mit einem Augenzwinkern betrachten, betreibt das britische Rechtssystem einen regelrechten Ausverkauf seiner Prinzipien.
Nehmen wir das Gerichtsverfahren im historischen Royal Courts of Justice als Beispiel. Die Richter erscheinen in ihren Roben und Perücken wie Cosplayer bei einem historischen Rollenspiel und geben der Farce den letzten Schliff. Die Szenerie mutet so archaisch an, dass man halb erwartet, die Anwälte würden ihre Plädoyers in Mittelenglisch vortragen.
Dann ist da die US-Justiz, die sich in einem verzweifelten Akt der Selbsterhaltung an den Strohhalm des Spionagegesetzes klammert, als sei es eine verlorene Liebe aus den Highschool-Jahren. Die Ankläger spielen ihre Rolle mit einer Inbrunst, die jede Theatertruppe vor Neid erblassen ließe, und die diplomatischen Zusicherungen der USA an Großbritannien klingen so glaubwürdig wie die Versprechungen eines Gebrauchtwagenverkäufers.
Das britische Gerichtssystem, das einst als Vorreiter der Fairness und des Anstands galt, wirkt durch diesen Fall eher wie ein verschrobener Onkel, der auf der Familienfeier über die guten alten Zeiten schwadroniert. Bezirksrichterin Vanessa Baraitser, die mit ihrer Entscheidung gegen die Auslieferung Assanges aufgrund seiner psychischen Verfassung ein wenig wie eine vegane Köchin in einem Steakhaus wirkt, überlässt Pressefreiheit und Rechtsgründe ihrer bizarren Auslegung.
Europas Führungskräfte, in der Zwischenzeit, scheinen mehr damit beschäftigt zu sein, ihre Rücken durch politisches Limbo-Stretching geschmeidig zu halten, als tatsächlich Stellung zu beziehen. Die EU, die bei Menschenrechtsverletzungen so lautstark sein kann wie ein YouTube-Influencer bei einem Produktlaunch, wird mysteriös leise, wenn es um einen ihrer eigenen geht. So ist es halt, wenn man Europa "Leyen"3 überlässt.
In dieser surrealen Welt, in der Assange als Gefangener seiner eigenen Tragödie erscheint, ausgeschlossen vom eigenen Berufungsverfahren wie ein ungebetener Gast auf seiner eigenen Party, wird klar: Hier wird nicht nur ein Mann verurteilt, hier wird eine Idee an den Pranger gestellt.
Was hier auf dem Spiel steht, ist nicht weniger als die Zukunft des Investigativjournalismus, das Recht der Öffentlichkeit auf Wahrheit und die Frage, ob wir in einer Gesellschaft leben wollen, die Whistleblower als Helden feiert oder als Hexen auf dem Scheiterhaufen verbrennt.
Am Ende des Tages könnte dieses juristische Theater einer fernen Dystopie entstammen – aber nein, es ist die Realität von heute. Und während die Welt zuschaut, wie sich die Bühne für das nächste Kapitel in diesem kafkaesken Drama bereitet, flüstern die Beobachter untereinander: "Wie wird dieser Akt enden?" leider könnte man antworten: "Wahrscheinlich nicht mit stehenden Ovationen."2
Patrick Flöß, 03.03.2024
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Die auf dem Bild gezeigte Zelle, entspricht dem Original, wie auch der Zustand, der Julian Assange aufgrund von rechtlich (un)zulässigen Haftbedingungen hat. Lediglich die Person entspricht nicht dem Original, weswegen diese unkenntlich gemacht wurde. ↩
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Dieser Artikel wurde vollständig auf dem Werk "Assange" von Claudia Latour und Martin Sonnebornerstellt. ↩
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Bei dem Begriff Laien oder Leyen bin ich mir nicht ganz sicher in der Verwendung, insbesondere auf EU Ebene werden diese aktuell Teilweise synonym verwendet. ↩